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Magdalena Holzhey

Koboldsgesänge

Die Vorliebe der Bildhauerin Brigitte Dams für einfache, industriell gefertigte Materialien setzt sich auch in ihren neuesten Arbeiten fort. Aus bemalten Hartfaserplatten, Gurtband und Gaffa-Tapes entstehen große Collagen, Objektbilder, die mit Schichtungen und Überlagerungen arbeiten und auf motivischer Ebene Assoziationen an Fensterformen mit Durchbrüchen oder an Vorhänge wecken können, formal dabei durch eine bemerkenswerte Spannung zwischen Bildebene und versperrtem, gleichsam verschnürtem Raum gekennzeichnet sind. Kobolds Gesänge liegt eine annähernd regelmäßige Struktur aus weißem, geriffeltem Gurtband zugrunde, die entfernt an die Muster feiner Klöppelarbeiten erinnert. Das verwendete Material jedoch widersetzt sich jeder Lieblichkeit und ist zudem mit einem Gitter aus Hartfaserstreifen vernagelt, die trotz ihres rosafarbenen Anstrichs den Eindruck einer recht rohen Sperre erwecken und scheinbar Dekoratives mit architektonisch-skulpturaler Strenge kombinieren. Mit feinem Witz setzt Brigitte Dams kunsthandwerkliche als künstlerische Techniken in denkbar ungeeigneten Materialien um, ein Prinzip, das auch ältere Arbeiten auszeichnet. Aus dicken, platt gefalteten Feuerwehrschläuchen etwa flicht sie hüllenartige Gebilde, in denen die Struktur des Gewebes gegen das unhandliche Material gesetzt ist. Die Form dieser seltsam körperhaften Objekte entsteht häufig aus dem Versuch, bestimmte Gegenstände mit einer Hülle aus Schläuchen zu umschnüren, aus der die Gegenstände anschließend wieder herausgenommen werden, so dass die leere Verpackung nur mehr entfernt an das Abbild eines Dings erinnern kann. Dieses Prinzip des Hervorhebens der Form und ihres gleichzeitigen Verschwindenlassens durch eine schützende, aber auch trennende Hülle findet seine Parallele in den gitterhaften Collagen, die den Raum sowohl innerhalb der Schichtungen als auch dahinter zugleich öffnen und versperren.

 

Auch die Arbeit Aufsteller prägt die Mischung aus Bild- und Objekthaftigkeit in einer spannungsvollen Begegnung von Bildebene und skulpturalem Raum. Ihr liegt tatsächlich ein Leinwandbild zugrunde, das durch Zerschneiden in diagonale Muster geöffnet wurde; die Öffnung der Bildebene wird durch die schichtweise Überlagerung mit Hartfaserplatten fortgeführt, die eine architektonische Großstruktur bilden. Noch provisorischer und direkter wirkt hier das Verschließen des Bildes mit dicken Latten, noch stärker der Kontrast zwischen filigranen und groben Strukturen. Die Verschnürungen mit grauem Gurtband schließlich verbinden, nicht ohne Ironie, in einem letzten skulpturalen Akt die Ebenen aufs neue miteinander. Auf drei Stelzen montiert, wirkt Aufsteller wie ein Plakat: ein minimales Monument künstlerischen Arbeitens. Bei aller Verwendung abstrakter Elemente bleibt Brigitte Dams' Bildsprache stets erzählerisch, an Alltägliches gebunden. Wie Kobolds Gesänge an Fensterformen oder Spitzendeckchen denken lässt, so orientieren sich viele Arbeiten an funktionalen Gegenständen, etwa Möbeln, die zwischen Gebrauchsgegenstand und Skulptur schwanken. Sie entwickeln sich nicht konzeptuell, sondern aus einer bestimmten Situation oder Befindlichkeit heraus. Gerade hierin mag die unmittelbare Wirkung von Dams' poetischen und sperrigen Arbeiten liegen, denen es immer um ein präzise ausgelotetes Verhältnis von Distanz und Nähe zu tun ist.